Der Weihnachtsmann ist familienfeindlich!

Meine Eltern haben den Unfug mit dem Weihnachtsmann nie mitgemacht. Natürlich gab es, auch in einem atheistischen Haushalt, Tannenbaum, leckeres Essen und wunderbare Geschenke! Weihnachtslieder! Aber den Weihnachtsmann gab es nicht. Jeder wusste, dass er aus Liebe von jemand anders (Eltern, Kinder, Verwandte, Freunde) beschenkt wurde. Jeder freute sich darüber, weil man sich über Liebe freut.

Wir kannten die Weihnachtsgeschichte. Sie ist ja auch dann anrührend und schön, wenn man nicht religiös ist. Wir lernten früh von unseren Eltern, dass Jesus eine historische Figur war, ein guter Mensch mit großen Idealen. Und dass der Weihnachtsmann fiktiv ist und überflüssig, wenn man sich aus Liebe was schenkt.

Nun bin ich seit langem Christin. Und mit Grauen höre ich immer wieder von vielen Eltern, Christen ebenso wie Atheisten, dass es doch bedauerlich sei, wenn die Kinder nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben.

Ich finde, es ist ein Glück und ein Zeichen von Klugheit, wenn sie nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben und auch nicht an Knecht Ruprecht. Ich finde es schön, wenn die Kinder wissen: Mama und Papa schenken mir was Schönes, und ich will ihnen auch was Schönes schenken – ein Bild, eine Bastelei, ein Gedicht oder was immer.

Wo „der Weihnachtsmann“ die Geschenke bringt, braucht man den tatsächlichen Schenkern nicht dankbar zu sein. Und wo man das nicht braucht, braucht man am Ende auch dem Grund für dies wunderschöne Fest nicht dankbar zu sein. Was schert mich das Kind in der Krippe, wenn der Weihnachtsmann die Hauptfigur ist?

Es geht um Jesus Christus, um die fleischgewordene Liebe, um die Heilige Familie, im günstigsten Fall auch um die irdische Familie, um die erweiterte Familie mit Freunden und Bekannten, um die große Familie aller Christen, und immer wieder um die Liebe. Um einen erdachten Gabenverteiler mit Rauschebart und Rute geht es nicht.

Zwei Gabenbringer

Der Weihnachtsmann kommt zu den braven Kindern
Aus einem kalten unbewohnten Land.
Fürs Bravsein gibt es einen Sack voll Tand,
Sofern nicht Streit und Mangel das verhindern.

Er tut, als ob er schenkt, doch seine Hand
Tauscht Krempel gegen Bravheit, aber lindern
Wird er die Not nicht und die Gier nicht mindern.
Die Gaben sind so wertlos wie der Sand.

Doch einer kommt, der fragt nicht: Warst du brav?
Der gibt das Beste, Schönste uns im Schlaf,
Der gibt die Liebe, die uns ewig hält.

Wer da noch angepasst sein will und kann?
Zu braven Kindern kommt der Weihnachtsmann.
Zu Sündern aber kommt das Licht der Welt.

© Claudia Sperlich

***

Winterkitsch

Man protzt mit Glitzerkram an Wintertagen.
Du bist, Erwarteter, in Himmelsferne.
Es funkelt, jault und blinkt; die Zuckersterne,
der Popanz Weihnachtsmann, die Wichtelplagen,

versperren mir die Sicht auf den, der gerne
für mich und in mir wäre. Was sie sagen,
ist süß und füllt statt Hirn und Herz den Magen.
Doch das Geschwätz, so leicht ich es entkerne,

kann immer wieder mich dazu verleiten,
die warme Süße Jenem vorzuziehen,
Der kam und kommen wird, dem großen Leben.

Ich will den Glauben nicht mit Kitsch verkleben,
in keine schmierige Betäubung fliehen.
Hilf mir, den klaren Weg Dir zu bereiten.

© Claudia Sperlich

Avatar von Unbekannt

About Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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