„Aber dann muss das Kind ungewollt leben!“

Ein häufiges Argument für die Abtreibung bei ungewollten, ungeplanter Schwangerschaft ist: Das Kind muss sonst mit der Last leben,  ungewollt zu sein.

Ich bin eine Verhütungspanne. Und ich verbitte mir, mich als „armes, ungewolltes, ungeliebten Kind“ zu definieren. Ich verbitte mir das um meiner selbst Willen, weil ich sehr gern lebe, trotz aller Probleme,  die die vergangenen 62 Jahre so mit sich brachten (Spoiler: So ist das eben mit dem Leben! Es gibt Probleme!), außerdem um meiner Mutter Willen,  die sich nach dem ersten Schrecken gegen eine Abtreibung entschieden hatte und eine sehr liebevolle Frau war. Schließlich auch um Gottes Willen,  der ein Gott des Lebens ist.

Und falls jetzt noch jemand kommt mit „Aber wenn es leidet?“ – ich war mit zehn Jahren nach einem Unfall drei Wochen lang Komapatientin. Nach dem Aufwachen folgte ein ziemlich langer und schmerzhafter Weg der Beinah-Genesung.  Ganz gesund bin ich nie mehr geworden, ich bin Epileptiker. Und gnade Gott jedem, der in meiner Gegenwart ableistische und lebensfeindliche Aussagen macht. Ich kann auch watschen, verbal und bei großem Zorn auch real.

Wir leben alle mit irgendwelchen Lasten. Ja und? Dürfen künftig nur noch die Reichen,  Schönen,  Gesunden leben, und alles andere wird entsorgt und umweltschonend zu Dünger oder Soylent Green verarbeitet?

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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7 Antworten zu „Aber dann muss das Kind ungewollt leben!“

  1. Herr S. schreibt:

    Gut und so wahr gesprochen, sehr geehrte Frau Sperlich!

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  2. Jolina schreibt:

    Verstehe ich jetzt nicht. Muß ein Kind vor der Geburt schriftlich erklären, daß es leben will, damit sein Leben als gewollt betrachtet werden kann?

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  3. Marcus, der mit dem C schreibt:

    Bei solchen Aussagen wie im Titel, würde ich denjenigen gerne eine Gegenfrage stellen: „Wenn sich Deine Eltern Dich anschauen und sagen, wenn sie das gewußt hätten, hätten sie sich für eine Abtreibung entschieden, dürfen sie dann mit Deinem Einverständnis Dich töten?“

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  4. Herr S. schreibt:

    Genau wie ein frisch geborenes Baby versucht auch das ungeborene Kind im Mutterleib mit allen ihm jeweils zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu leben, zu wachsen und sich weiter fort zu entwickeln.

    Nur gänzliche Ignoranten werden das bezweifeln.

    Dagegen kann man, wenn man nur will, heutzutage sich von der geradezu phantastisch-staunenswerten Entwicklung des Embryos bereits im Mutterleib ein Bild machen.

    Nur wenn man diese höchst wunderbaren Vorgänge ausblendet oder gar nicht zur Kenntnis nehmen will, wird man noch für Abtreibung sein.

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