Und wie fanden Sie die Messe so?

Das wurde ich heute beim Verlassen der Kirche wörtlich von einem jungen Mann gefragt, der auch an der Messe teilgenommen hatte.

Ich verstand die Frage zunächst gar nicht und fragte zurück: „Wie meinen Sie das? Es war eine Messe.“

Ja, es gebe halt solche und solche Messen. So mit besonderer Gestaltung, irgendwie anders, und dann, die Texte sind ja auch nicht immer jedermanns Sache. Und dann, wie die Messe so gemacht ist, das ist auch verschieden.

Ich habe dem jungen Mann geantwortet – und ich tue es hier noch einmal etwas ausführlicher, obwohl er vermutlich meinen Blog gar nicht kennt. Aber ich halte ihn nicht für einen so großen Sonderfall, daß diese Antwort nur ihn allein etwas anginge, sondern für – pardon, falls Sie es doch lesen – einen ganz gewöhnlichen jungen Mann, der für ganz gewöhnliche Irrtümer anfällig ist. (Ich bin auch für ganz gewöhnliche Irrtümer anfällig, aber aufgrund meines Alters und Geschlechts für andere Irrtümer als ein junger Mann.)

Vor wenigen Tagen wohnte ich als eine von über achttausend Gläubigen einem Pontifikalamt bei. Außer dem Bischof waren etwa zwanzig Priester und zahlreiche Ministranten anwesend, eine christliche Band spielte und sang mitreißende Lieder, ein weltbekannter Geistlicher predigte mit Witz und voll Liebe, die Messe wurde gestreamt, EWTN und Radio Horeb waren dabei.
Heute war ich mit etwa zwanzig Gläubigen zur Messe. Der Kaplan zelebrierte, die Ministranten waren in der Schule, eine Predigt gab es nicht. Unterstützt von der Orgel, sangen wir einige schöne Lieder aus dem Gotteslob, allerdings merkte man an den Stimmen das hohe Durchschnittsalter.

Es geschah hier wie dort haargenau das Gleiche: Wir bekannten unsere Schuld (im Chor zwar, aber jeder individuell mit „Ich bekenne“), wir stellten klar, daß wir alle erlösungsbedürftig und auf Gottes Barmherzigkeit angewiesen sind und darum bitten, der Priester sprach das Hochgebet, der Herr kam in der Wandlung zu uns, Er lieferte sich im Eucharistischen Mahl jedem einzelnen aus. Wir dankten. Das wars auch schon!

Wir feiern in der Messe den barmherzigen Gott, und Er feiert uns, indem Er sich hergibt in Wort und Brot und Wein.

Was das Wort angeht – Er will damit nicht unseren Geschmack treffen, sondern unser Herz. Wenn ich die heutigen Perikopen nicht so mag, nicht verstehe oder einfach unaufmerksam bin, sind sie davon nicht weniger göttlich. Es liegt dann an mir, und nur an mir, wenn ich scheinbar nichts davon habe. Wenn ich (wie heute tatsächlich) nach der Messe schon wieder vergessen habe, was genau gelesen wurde, kann ich es im Schott nachlesen (in Zeiten des Internet brauche ich dazu noch nicht einmal ein Buch) und bei schwierigen Stellen darüber beten und nachdenken, und ich kann sogar bei nächster Gelegenheit den Pfarrer fragen, wie diese Perikope gemeint ist. (Heute war es übrigens alles klar. Lesung: Der Herr beruft Samuel. Psalm: Gottes Willen zu tun ist schön. Evangelium: Jesus heilt Kranke. Ich sehe da kein Verständnisproblem, so ist er halt, der Herr.)

In der Eucharistie wird Brot und Wein zu Fleisch und Blut unseres Herrn Jesu Christi. Das verstehe ich nicht, womit ich in guter Gesellschaft bin, aber ich glaube es. Deshalb bin ich katholisch.

Bekenntnis, Bitte, Opfer, Gegenwart Christi, Annahme Christi, Dank. Das ist alles, und das nennt man Messe. Wie fand ich die Messe so? Nu ja – wie man Erlösung halt so findet. Grandios.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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7 Antworten zu Und wie fanden Sie die Messe so?

  1. H.P. Stimming schreibt:

    Genau! Darum mag ich Messfeiern.
    Ich war auch auf der Mehr – “ etwa zwanzig Priester „: sah auf der Leinwand aber so aus , als waeren es mehr gewesen?

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  2. Gerd schreibt:

    So ganz unrecht hat der junge Mann nun auch wieder nicht und er unterliegt auch keinem großen Irrtum wenn er feststellt, dass es durchaus auch Unterschiede bei den Messfeiern hierzulande gibt. Wenn nun der Herr selber diejenigen aus seiner Feier wirft, die keine angemessene Kleidung (!!) tragen, sagt das was genau über die Messe aus, in denen der Herr der Einladende ist und sonst niemand? Richtig: Wenn du nicht angemessen vorbereitet bist, hast du hier nichts zu suchen. Messfeiern zu mögen oder nicht zu mögen ist schon ein zweifelhaftes Unterfangen. Es brauchte Jahrhunderte bis sich die eine Form der Messfeier heraus kristallisiert hatte. Nun gibt es zwei Formen und die Verwirrung ist perfekt. Natürlich kommt es auf den Inhalt an, aber der wird halt nur durch die Form realisiert oder eben nicht realisiert. Ein Fußballfan wird man ja wohl nur bedingt mit Handball unterhalten können. Und bitteschön: Wie soll Bekenntnis, Bitte, Opfer, Gegenwart Christi, Annahme Christi und Dank vonstatten gehen, wenn diese richtigen und wichtigen Bestandteile unseres Glaubens nur noch einer winzigen Minderheit bekannt ist?
    „Der Herr nehme das Opfer an aus deiner Hand, zum Lob und Ruhme seines Namens und zum Segen für uns und seiner ganzen heiligen Kirche!“ Seitdem bei uns zu Hause ein indischer Priester die Messe liest, wird diese Aufforderung an die Gemeinde wieder gebetet. Dieses Gebet war unter den heimischen Priestern de facto abgeschafft. Es wurde wie das Schuldbekenntnis nicht mehr gesprochen und entschwand aus dem Gedächtnis der Gläubigen. Es wurde eine andere Messe. Es wurde der Unterschied, auf den der o.g. junge Mann wohl anspielt. Erlösung ist grandios, aber nicht für Nüsse und gute Worte zu erlangen. Es ist harte, lebenslange Arbeit.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Und was ist nach all diesen Worten von irgendjemandem, der genau diese Messfeier besucht hat, gegen genau diese Messfeier zu sagen? Richtig: Nichts, sofern der Jemand ein Gespür dafür hat, was „rite et recte“ ist. Alles, sofern der Jemand sich in der Messe vor allem gut unterhalten wissen will.
      Ich war dabei. Und ich habe in Erinnerung, daß der Kaplan das Schuldbekenntnis gesprochen hat (ich habe es auch gesprochen, und vermutlich alle anderen auch). „Der Herr nehme das Opfer an…“ – wird bei uns immer gebetet. (Wie auch nicht?) Ich habe den jungen Mann in offenkundiges basses Erstaunen versetzt mit der Aussage, daß bei einem Pontifikalamt am Sonntag prinzipiell das Gleiche passiert wie bei einer schlecht besuchten Wochentagsmesse. Wie oben beschrieben.

      Was ich merke, und was mich zunehmend nervt, ist aber folgendes: gefühlte 99% unter jenen Katholiken, die die Liturgie ernst nehmen, behaupten, niemand nehme die Liturgie ernst. Und vor allem kein, kein, kein Priester. Das kann aber nicht wirklich ehrlich behaupten, wer z.B. in Berlin-Friedenau oder Berlin-Wilmersdorf oder in Berlin-Steglitz zur Kirche geht. Oder in St. Afra oder in St. Clemens oder in… ach, halt in einer Menge Berliner Gemeinden. Und ich glaube nicht, daß ausgerechnet Berlin so eine Superstellung hat und sonst in ganz Deutschland kein einheimischer Priester zu finden ist, der rite et recte zelebriert.
      Der junge Mann hat eben nicht gesagt „Oh klasse, ich freu mich jedesmal, wenn ich hier zur Messe gehe, daß nichts ausgelassen und nichts hinzugefügt wird“ (das wäre nämlich richtig gewesen), sondern er war offensichtlich etwas irritiert, daß wir eine ganz normale Messe feiern und daß niemand darauf Rücksicht nimmt, ob ihm das Evangelium vom Tage gefällt oder nicht, und daß wir ganz normale Lieder aus dem ganz normalen Gotteslob singen, zu ganz normaler Orgelmusik.
      All das geht aus meinem Artikel hervor, ausnahmslos.

      Wer sich über die katholische Kirche in Deutschland immer und immer ärgern will, der wird es tun, egal wie sie ist und wie er ist. Ausnahmslos jeder liberale Katholik wird, wenn er möchte, die Kirche überall zu streng und engherzig finden. Ausnahmslos jeder Traditionalist wird, wenn ihm danach ist, die Kirche überall schlampig und verkommen finden. Denn wenn man das Böse mit der Lupe sucht, wird man es sogar im Paradies finden.

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  3. Gerd schreibt:

    Wenn jemand feststellt es gäbe solche und solche Messen, dann wird er wohl einen Unterschied wahrnehmen; genau darauf bezog sich mein Kommentar. Wenn der junge Mann in basses Erstaunen versetzt ist, weil sie ihm (dankenswerter Weise) Selbstverständlichkeiten erklären, über die nicht vorhanden Unterschiede (in der Wirksamkeit) zwischen einem Pontifikalamt und einer Wochenmesse, dann sagt das ja auch was aus. Auch darauf bezog sich mein Kommentar.
    Vielleicht überdenken sie doch mal ihre Feststellung, dass gefühlte 99% der Katholiken die die Liturgie ernst nehmen, behaupten niemand nehme die Liturgie ernst. Auch dass jeder Traditionalist sich darüber ärgern will(!) wenn die Messe schlampig und verkommen gelesen wird. Es ist ja nicht so, zumindest im Bistum Münster wo ich ansässig bin, dass man den Missbrauch mit der Lupe suchen müsste. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Priester die ich auf Missbräuche aufmerksam machte, mich genau in die 99% der Traditionalisten eingereiht haben von denen sie hier sprechen. Mir wurde vorgeworfen ich würde nur meckern weil ich halt gerne meckere. Der Topf ist fertig, der Deckel drauf.
    Natürlich gibt es auch einheimische Priester die rite et recte zelebrieren. Aber dass man sie suchen muss, im Ernstfall mit der Lupe, ist ja schon die eigentliche Katastrophe. Oder sehen sie das anders? Natürlich wird in der Liturgie in meiner Heimat mitnichten das Schuldbekenntnis gesprochen. Das mag für berlinerische Ohren ungewöhnlich klingen, bei uns ist das der Normalfall. Es sei denn indische Geistliche helfen hier aus. Die halten sich, aufgrund ihre sprachlichen Begrenztheit nämlich an das Messbuch.
    Nochmal, ohne hier einen Kummerkasten aufmachen zu wollen: Ich suche die Missbräuche und Schlampereien in der Liturgie nicht mit der Lupe, weil ich Spaß an einer eventuellen Schnitzeljagd hätte, sondern weil ich die Liturgie liebe.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Münster ist, da geb ich Dir recht, leider ein Spezialfall. Aber andererseits, wenn selbst das nicht ganz zu Unrecht als unchristlich verschrieene Berlin so viele gute Zelebranten hat, müssen doch auch ein paar in Münster zu finden sein. Einheimische. Ich glaub einfach, wir müssen die Kirche, wenn wir sie doch lieben, auch liebevoll behandeln. Es kann doch nicht sein, daß ausgerechnet ich umgeben bin von einer Schar sauber und schön zelebrierender Priester, und für die anderen war keiner übrig.

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  4. Gerd schreibt:

    Der Feststellung dass wir, wenn wir die Kirche lieben, auch liebevoll mit ihr umgehen, soll ich in welchem Zusammenhang verstehen? Es ist sehr schwierig an der Front auf liebevolle Antworten zu hoffen, wenn man den Priester auf Missbräuche aufmerksam macht. Münster liegt nun mal einige Kilometer von Berlin entfernt, allerdings sollten die Messen weltweit korrekt gelesen werden, warum sonst geben die Bischöfe ein Messbuch heraus, an dem sich die Priester zu halten haben? Es wäre absoluter Standard und selbstverständlich, dass ich in Berlin die gleiche Messe hören kann wie in Münster oder anderswo. Im übrigen habe ich im Bistum Freiburg ähnliche Missbräuche erlebt, der Missbrauch ist sozusagen Standard geworden. So zumindest mein Eindruck. Wenn ich mal nach Berlin komme……..

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