Demonstrieren ist ein bißchen wie Pilgern, nur lauter

Unter dem Motto „Ich bereue nichts“ (echt jetzt!) veranstalteten heute etwa fünfhundert Neonazis einen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch. Peinlich genug! Aber vielleicht muss eine Demokratie auch dieses Maß an Dummheit, gepaart mit Bosheit, noch gerade aushalten.

Etwa doppelt so viele andere Menschen gingen dagegen auf die Straße. Auch wenn ich mit vielen von ihnen politisch wahrlich uneins bin: es war eine gelungene Gegendemonstration, weil deutlich, friedlich und auch lustig.
Ich traf mich mit Tobias und Suse Klein – wir hatten versucht, noch mehr Katholiken zu mobilisieren, um einen „katholischen Block“ hinzubekommen, aber das hat nicht geklappt. Ein Blick in die Runde ließ mich denken: Vom Sozialismus lernen heißt siegen lernen – allerdings nur in dieser einen Hinsicht. Zwar berichtet Josef Bordat, daß noch weitere Katholiken in der Gegendemonstration waren – nun, nächstes Mal koordinieren wir uns besser.

Warum nun die Überschrift? Weil wir drei den Rosenkranz beteten und danach eine von Tobias zusammengestellte Märtyrerlitanei, bei der wir von den Nazis ermordete Katholiken um Fürbitte anriefen. Und dann noch einen Rosenkranz.

Inmitten der lauten und aufgeregten (dabei friedlichen) Demonstration machte ich die Erfahrung ganz großer Ruhe.

Ärgerlicherweise wurde die Gegendemonstration von der Polizei so geleitet, daß es überhaupt fast keine Berührung mit den Neonazis gab, auch nicht bei deren Abschlußkundgebung. Ob das böser Wille war oder mit irgendwelchen administrativen Stolpersteinen zu tun hatte (was Suse für wahrscheinlicher hält), wissen wir nicht, aber ungut ist es, wenn die Hirsel, um deretwillen wir auf die Straße gehen, das erst in den Nachrichten sehen und nicht gleich. Immerhin – der RBB berichtet.

Dennoch bin ich froh, mitgemacht zu haben. Sollte dergleichen wieder einmal nötig sein, hoffe ich auf einen katholischen Block mit mindestens zwanzig Rosenkranzbetern.

Gutes Zitat!
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

Auf der andern Seite desselben Plakates leider ein ziemlich blöder Spruch. Widerstand an sich ist ja kein Qualitätsmerkmal.
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

Viele verschiedene Leute…
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

die Evangelische Kirche macht auch mit…
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

SPD und links davon…
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

und ein gelungenes Wortspiel.
19. August 2017 - Demo gegen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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11 Antworten zu Demonstrieren ist ein bißchen wie Pilgern, nur lauter

  1. Supersansa schreibt:

    Ganz themenfern – „Hiasl“, von „Matthias“, heißt eigentlich im bairischen sowas wie „Dummkopf“. Aber auch, wie Sie es verwenden, Leute („die paar Hiaseln, die auf der Demo waren“). In dem Fall nicht abwertend.
    Hat mir „Hirse“ nichts zu tun.

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  2. Herr S. schreibt:

    Die Märtyrer – Litanei der von den Nazis ermordeten und gequälten Christen würde mich interessieren. Könnten Sie sie vielleicht hier mal veröffentlichen?
    Ich wäre bereit, sie ggf. um noch weitere christliche (nicht)katholische Glaubensmärtyrer unter den Nazis zu ergänzen.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Ich habe Tobias Klein Bescheid gesagt. Selbst habe ich die Litanei ja nicht.

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    • KingBear schreibt:

      Heiliger Maximilian Kolbe – bitte für uns!
      Heilige Theresia Benedicta vom Kreuz – bitte für uns!
      Seliger Bernhard Lichtenberg – bitte für uns!
      Seliger Karl Leisner – bitte für uns!
      Seliger Johannes Prassek – bitte für uns!
      Seliger Eduard Müller – bitte für uns!
      Seliger Hermann Lange – bitte für uns!
      Seliger Franz Jägerstätter – bitte für uns!
      Seliger Rupert Mayer – bitte für uns!
      Seliger Alois Andritzki – bitte für uns!
      Seliger Nikolaus Groß – bitte für uns!
      Seliger Edward Klinik – bitte für uns!
      Seliger Francziszek Kesy – bitte für uns!
      Seliger Georg Häfner – bitte für uns!
      Seliger Marian Górecki – bitte für uns!
      Seliger Bronislaw Komorowski – bitte für uns!
      Seliger Francziszek Rogaczewski – bitte für uns!
      Seliger Gerhard Hirschfelder – bitte für uns!
      Seliger Anizet Koplin – bitte für uns!
      Seliger Josef Cebula – bitte für uns!

      (Sicherlich noch erweiterbar…)

      Siehe auch hier:
      http://mightymightykingbear.blogspot.de/2017/08/hass-hilft-nicht-gegen-hass.html

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  3. Herr S. schreibt:

    Danke für die mir persönlich wertvolle Litanei von christl. Märtyrern und Glaubenszeugen aus der NS-Zeit.
    Hier noch ein paar weitere Namen. Bewusst auch solche, die (noch) nicht kanonisierten sind.
    Darunter auch evangelische Christen:
    Sel.(?) Alfred Delp
    Graf James von Moltke
    Pastor Karl Friedrich Stellbrink)
    Sel. Bischof August Graf von Galen
    P. Franz Reinisch
    P. Unzeitig
    Geschwister Hans und Sophie Scholl
    Dietrich Bonhöffer
    Pastor Werner Sylten
    Nikolaus Grosz
    Leo Statz (Trier)
    Sr. Miriam Michaelis (Trier)
    Fritz Gerlich
    Erich Klausener
    Domprediger Johann Maier (Regensburg)
    Otto Neururer
    Sr. Maria Restituta
    Sel. Bischof Michael Kozal
    Kaplan Theodor Kniebeler (Aachen)

    Auch diese Liste ist keineswegs vollständig.
    Ich halte auch nicht kanonisierte Christen für würdig, in eine Litanei um Fürbitte aufgenommen zu werden.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Ich finde das ein wenig schwierig im Falle der Protestanten in der Liste. Zwar bin ich als Katholikin durchaus überzeugt, daß sie als Märtyrer im Himmel sind und auch für uns bitten können. Aber wenn wir sie sozusagen unter der Hand heiligsprechen, eignen wir sie uns gewissermaßen an – was ich gegenüber der evangelischen Kirche nicht in Ordnung finde.

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      • Herr S. schreibt:

        Nun, des Problems einer ungerechtfertigten Vereinnahmung bin ich mir durchaus bewusst.
        Aber wenn man die ganze Litanei zum einen als „ökumenisches Fürbittgebet zu Märtyrern- und Glaubenszeugen der NS-Diktatur“ o.ä. titulierte und eben die protestantischen Märtyrer wie ja auch die noch nicht selig- oder heiliggesprochenen Katholiken einfach mit ihrem Namen u. ggf. Ihrer Berufsbezeichnung aufführen, könnte eigentlich daran schwerlich Anstoß genommen werden., nicht wahr?
        Ich selbst rufe Pastor Stellbrink, einen der Lübecker Märtyrer, seit einiger Zeit ausdrücklich um Fürbitte für einen unheilbar an bösartigen Kopftumor erkrankten ehem. evangelischen Arbeitskollegen an.
        Ich bin eigentlich gespannt auf das Ergebnis…

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  4. Herr S. schreibt:

    Heilig- oder Seligsprechung bedeutet ja eigentlich nichts anderes, als dass die röm.-kath. Kirche von dem Betreffenden sagt, er oder sie sei im Himmel bei Gott.
    Beglaubigt durch Martyrium u./o. ein anerkanntes Wunder.

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    • Herr S. schreibt:

      Sehr geehrte Claudia Sperlich!
      OK bzgl. Ihres Einwands; aber auch Protestanten könnten ja mal im Rahmen der Ökumene von uns Katholiken was annehmen, nicht wahr?

      Ansonsten – eben einfach nur „Fürbittgebet“… (für Katholiken betbar und für jede(n), wer dafür offen ist…).

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