Die Kirche gedenkt heute des heiligen Jesuiten und Kirchenlehrers Robert Bellarmin. In Deutschland geht das beinahe unter wegen des gleichzeitigen Gedenktages der heiligen Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen. So sehr ich Hildegard schätze, Robert Bellarmin soll nicht vergessen werden!
Robert war Sohn verarmter Adliger und Neffe des Papstes. Er wurde von Jesuiten ausgebildet und trat früh dem Orden bei.
Er wurde als Theologieprofessor und Kardinal europaweit bekannt und verteidigte die katholische Lehre gegen grassierende Irrlehren.
Aus seinem Buch „Ausführliche Erklärung des christlichen Glaubens“:
Was ist LIEBE?
Das ist die dritte göttliche Tugend, das heißt, sie hat Gott zum Ziel, denn mit ihr erhebt sich unsere Seele dazu, Gott über alles zu lieben, nicht nur als den Schöpfer und Urheber unserer natürlichen Güter, sondern außerdem auch als den Geber der Gnade und der Herrlichkeit, welche übernatürliche Güter sind.
Ich möchte gern wissen, ob sich die Liebe auch auf die Geschöpfe erstreckt.
Die Liebe erstreckt sich tatsächlich auf alle Menschen und Dinge, die Gott geschaffen hat, mit dem Unterschied freilich, dass man Gott um Seiner selbst willen zu lieben hat, da Er ein unendliches Gut ist. Die Liebe erstreckt sich jedoch auch auf alle anderen Dinge, die man um Gottes Willen lieben muss. Insbesondere muss man den Nächsten lieben, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist, so wie wir. Deshalb hat man unter dem Nächsten nicht nur den Verwandten oder den Freund zu verstehen, sondern jeden Menschen, wäre es auch unser Feind, weil jeder Mensch ein Bild Gottes ist und als solches geliebt werden muss.
Ist die Liebe eine große Tugend?
Si ist die größte von allen und sie ist so groß, dass jeder, der sie besitzt, das Heil nicht verlieren kann, wenn er nicht zuvor die Liebe verliert. Wer sie aber nicht besitzt, kann keinesfalls gerettet werden, wenn er auch alle anderen Tugenden und Gaben Gottes besäße.



Ich kann manche Menschen nicht lieben (wobei nahe liegt, wer gemeint sein könnte), „besitze“ nicht die Liebe zu ihnen. Wenn ich dadurch „keinesfalls gerettet“ werden kann – was tun?
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Es geht nicht darum, Gefühle der Liebe gegenüber jedermann zu haben (sonst wären wir alle verloren). Sondern: Menschen grundsätzlich wohlwollen, gegen die Vernichtung von Menschen sein, nicht wollen, dass jemand in die Hölle kommt.
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Um an dieser Stelle meinen Ausbildungskompaniechef, Hauptmann Geist (er hieß wirklich so), zu zitieren:“Behandeln Sie Ihre Kameraden, als wären sie Ihre besten Freunde. Nicht, weil Sie das wollen; sondern, weil sie das müssen.“Meiner Meinung nach – und ohne jetzt hier mit ewiger Höllenstrafe wenn nicht oder so Zeug aufzuwarten – ist übrigens der zwar nicht ausnahmslose, aber sich mit der Zeit regelmäßig einstellende Zustand schon der, daß man dann auch Gefühle der Liebe gegen, vielleicht nicht die abstrakte Menschheit, aber gegen die einzelnen Leute, mit denen man zu tun hat und denen gegenüber man die Pflicht der Nächstenliebe übt, bekommt.
Und ohne die eigene Erfahrung allzusehr verallgemeinern zu wollen, aber mir fällt das tatsächlich bei Feinden (das enttäuschte Gefühl darüber, nicht geliebt zu werden, ist ja genaugenommen schon eine Form von Liebe) oft sogar um einiges leichter als gewissen Leuten, die einem eigentlich wohlwollen und die man als anstrengend empfindet. (Die Liedzeile von Wolfgang Petry „Du kannst alles von mir haben, doch es läuft nichts ohne mich“ finde ich, wenn sie irgendwer anders als Gott singt, genaugenommen ziemlich bedrückend. Aber ich schweife wohl ab.)
Und natürlich: „Das beste Mittel gegen Arbeitsunlust ist: weniger Arbeit“, und „Wer mit sich selbst schlecht umgeht, zu wem wird er gut sein?“ (Sir 14,5). Es gibt dann schon auch Pausen zwischendurch, man ist nicht fortwährend mit anstrengenden Menschen umgeben, die muß man dann halt auch nutzen, was man nicht unbedingt sofort kann und erst lernen muß (womit ich nicht bestreiten will, daß auch der, der das eigentlich ganz gut gelernt hat, in Umstände geraden kann, wo es dann wieder gar nicht klappt…). Das Lieben fällt tendenziell dann schwer, wenn man zu viel um die Ohren hat (jedenfalls habe ich so den Eindruck). Normalerweise fällt uns das Lieben spürbar leichter, wenn wir gerade aus der Messe oder Anbetung kommen (wenn auch vielleicht nicht gegenüber dem Gemeindemitglied, das dann gleich an einem herumkritisiert). Und insofern dürfte an dem Zitat, das Oskar Maria Graf zugeschrieben wird, doch auch (und für die meisten Menschen: auch der wörtlichen Bedeutung nach) einiges dran sein: „Man muß trinken, um alle Menschen lieben zu können“…
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Ich zitierte wörtlich aus dem von Ihnen wiedergegebenen Absatz des Buches von Bellarmin.
Um genauer zu werden: einer bekannten Person, die nicht nur die Vernichtung von Menschen will, sondern anhaltend aktiv betreibt, kann ich nicht grundsätzlich wohlwollen. Das schaffe ich nicht. Und dass sie in die Hölle kommt, will ich auch nicht, denn an diese glaube ich nicht.
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Warum denn nicht? Gott hat auch diese Person geschaffen und liebt sie; das ist ja der Grund, warum man sie lieben soll. Und wenn man sie besser kennte, dann würde sie vielleicht umso mehr bedauern, wo und wie sie abgerutscht ist.
Es ist ja nicht viel verlangt (wir reden jetzt vom strengen „verlangt“, nicht vom von mir vorher erwähnten Normalzustand). „Ich entschließe mich, diesem Menschen grundsätzlich wohlzuwollen.“ Nur ein kurzer Gedanke, das war’s schon. Sympathie, auch wenn ich sie für den Normalzustand halte, ist wie gesagt nicht verlangt. „Möge der Herr ihm die Bekehrung und nach der verdienten Fegefeuerstrafe das ewige Leben schenken. Vater unser. Ave Maria.“ Ein kurzes Gebet. Das war’s schon. Weniger noch: Man singt in der Kirche „Er lasse Seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land, er gebe Glück zu unserm tun und Heil zu allem Stand“ und denkt sich *nicht* dabei: Aber dem XY nicht, den mag ich nicht. Und wenn er vor dir auf der Strafe einen Unfall hat, die üblichen Hilfsmaßnahmen, die man bei anderen selbstverständlich tut, nicht unterlassen. Das war’s schon. Ist das so schwer?
Gott liebt den Sünder sogar so sehr, daß er, sollte sie sich Seiner Barmherzigkeit partout verweigern, ihm das einzige Gute tut, was Er ihm in so einem Zustand noch tun kann: seine Existenz nicht zu beenden und sie sogar detaillierter, penibler körperlich schmerzhafter Strafen für die einzelnen Sünden zu würdigen. Deshalb gibt es die Hölle natürlich schon. Des Herrgotts Einstellung ist nicht „was juckt’s die stolze Eiche“; er gibt dem, der Ihn mit Vorsatz angreift, die Ehre, darauf angegriffen zu reagieren.
Und natürlich wünschen wir niemandem, auch nicht dem schlimmsten Feind und auch nicht – fast hätte ich gesagt „nicht einmal“ – dem wohlwollenden Quälgeist, dem man für sein Wohlwollen dann obendrein noch dankbar sein muß, daß er so hirnverbrannt wäre den Herrgott derart entschieden zu widerstreben.
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Bellarmin schreibt da, dass man Liebe haben muss, nicht aber, dass man jedem einzelnen Menschen gegenüber unentwegt Liebe als Gefühl verspüren muss.
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So habe ich B. auch nicht verstanden. Von Gefühl und unentwegt war bei mir nicht die Rede. Aber danke für die Klarstellung.
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