
Detlef Freiherr von Liliencron
Schwalbensiciliane
Zwei Mutterarme, die das Kindchen wiegen,
Es jagt die Schwalbe weglang auf und nieder.
Maitage, trautes Aneinanderschmiegen,
Es jagt die Schwalbe weglang auf und nieder.
Des Mannes Kampf: Sieg oder Unterliegen,
Es jagt die Schwalbe weglang auf und nieder.
Ein Sarg, auf den drei Handvoll Erde fliegen,
Es jagt die Schwalbe weglang auf und nieder.

Matthias Claudius
Der MenschEmpfangen und genähret
Vom Weibe wunderbar,
Kömmt er und sieht und höret,
Und nimmt des Trugs nicht wahr;
Gelüstet und begehret,
Und bringt sein Thränlein dar;
Verachtet und verehret,
Hat Freude und Gefahr;
Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
Hält Nichts und Alles wahr;
Erbauet und zerstöret,
Und quält sich immerdar;
Schläft, wachet, wächst und zehret,
Trägt braun und graues Haar etc.
Und alles dieses währet,
Wenn’s hoch kommt, achtzig Jahr.
Denn legt er sich zu seinen Vätern nieder,
Und er kömmt nimmer wieder.


