Böses ist gescheitert.

Mit einem deutlich bedauernden Unterton wird derzeit berichtet, dass man immer noch nicht wirklich sehr kleine Menschen umbringen darf. Das heißt, man kann es immer noch straflos tun, aber man muss den Killer selber zahlen, und es ist zwar straflos, aber verboten. Und es gibt auch immer noch keinen Freigabeschein für die Tötung von Ungeborenen, die behindert sein könnten. („Könnten“, weil bei Erstgebärenden die Diagnose „behindert“ in der Hälfte der Fälle eine Fehldiagnose ist, wie man durch zahlreiche lebende Nichtbehinderte weiß, bei denen eine solche vorgeburtliche Diagnose stattfand.)

Ja, ich bin glücklich, dass das Menschenrecht auf Leben nicht weiter aufgeweicht wurde. Traurig bin ich, dass es weiterhin recht leicht unterlaufen werden kann. Traurig bin ich, dass so viele Menschen geradezu empörend finden, wenn man einen sehr jungen Menschen als solchen bezeichnet und schützenswert findet. Entsetzt bin ich, dass ein Begriff wie „embryopathische Indikation“ überhaupt von erwachsenen Menschen in wichtiger Position diskutiert werden konnte. Dass ich in einem Land lebe, in dem ernsthaft über die Tötung Schwerkranker und Behinderter diskutiert wird!

Es geht dabei natürlich auch – vermutlich am meisten – ums Geld. Einen Behinderten am Leben zu erhalten kostet mehr – oft sehr viel mehr – als einen Gesunden großzuziehen. Je besser die Medizin wird, desto häufiger überleben Menschen, die der Volkswirtschaft keinen großen Nutzen bringen werden (außer Herstellern von Hilfsmitteln und Ärzten sowie Pflegepersonal). Das ist wahr, aber es als Argument gegen das Leben zu benutzen, ist von kältester Herzlosigkeit.

Ich habe gerade die Begriffe „Geld“ und „Herz“ in einem Absatz gebraucht. Es gibt Menschen, die finden das naiv. Ich nicht. Wenn man Geld – eigentlich nur ein vereinfachtes Tauschmittel – nicht mit moralischen und ethischen Begriffen koppeln darf, wird es monströs. Dann wird nämlich zweifelhaft, ob man Geld überhaupt noch für etwas ausgeben darf, was irgendeinem Menschen existenzielle Hilfe bringt. Dann landet man bei einer Gesellschaft, die nur noch auf Gewinnmaximierung und Lustbefriedigung aus ist. In so einer Gesellschaft möchte ich nicht leben, und ich könnte es auch gar nicht.

Man kann auch nicht vorgeburtlich erschließen, ob dies Down-Syndrom-Kind eventuell fähig sein wird, einen Beruf zu erlernen und selbständig zu leben, oder eher nicht – und danach entscheiden, ob man es leben lässt. Man kann als anständiger Mensch nicht angesichts irgendeiner im Mutterleib sichtbaren Behinderung über die wirtschaftlichen Möglichkeiten ihres Trägers debattieren und danach entschließen, ob dies Kind lebenswert ist oder nicht.

Wenn es jemals zu einer derartigen Gesetzeslage kommt, wird es schwer, gegen den Mord an bereits geborenen Behinderten oder Kranken oder am Ende auch einfach Armen zu argumentieren. Vielmehr wird es dann sehr leicht, Behinderten, chronisch Kranken und Armen zu sagen, dass ihr Leben der Wirtschaft nichts bringt, der Gesellschaft nichts bringt, mithin auch ihnen selbst nichts bringt und daher besser nicht wäre.

Aber Leben ist ein Wert an sich. Kein Mensch muss argumentativ darlegen, warum gerade er leben darf – nicht vor sich selbst, nicht vor anderen. Ja, Leben kostet auch was, und ist vielleicht auch eine Zumutung für die anderen Lebenden, und macht Dreck und Lärm und Stress, und wo Menschen leben, gehen auch Sachen kaputt. (Das gilt übrigens für alles Leben, gleich wie gesund und fit es sein mag.)

Leben ist aber am Ende herrlich, es ist heilig, es ist von Gott gewollt, und es ist und bleibt falsch und böse, unschuldige Menschenleben auszulöschen. Auch dann, wenn man durch ihre Auslöschung Geld spart.

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About Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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2 Responses to Böses ist gescheitert.

  1. Avatar von Klaus K. Klaus K. sagt:

    Das Böse hat einen Rückschlag erlitten. Das Böse hat aber Zeit. Wenn es einmal siegt, ist der Lebensschutz erledigt. Für lange, sehr lange Zeit.
    Das Böse kann also in Ruhe den nächsten Angriff auf das Leben vorbereiten. Die Brandmauer, an der dieser Anlauf noch gescheitert ist, wird beim nächsten Mal helfen, die Verteidiger des Lebens zu spalten und die Mehrheit für das Böse zu sichern.

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    • Natürlich müssen alle, denen das Lebensrecht ein Anliegen ist, dran bleiben. Natürlich müssen wir wachsam sein und immer weiter Hilfe anbieten (wie ja Organisationen wie 1000plus und Kaleb unvermindert tun).

      Aber zunächst einmal darf man auch sehen: Hier wurde ein böser Entschluss nicht durchgewunken.

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