Ninives Quarantäne

Das Wort des HERRN erging zum zweiten Mal an Jona:
Mach dich auf den Weg und geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe ihr all das zu, was ich dir sagen werde!

Jona machte sich auf den Weg und ging nach Ninive, wie der HERR es ihm befohlen hatte. Ninive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren. Jona begann, in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag lang und rief:
Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!

Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus und alle, Groß und Klein, zogen Bußgewänder an. Als die Nachricht davon den König von Ninive erreichte, stand er von seinem Thron auf, legte seinen Königsmantel ab, hüllte sich in ein Bußgewand und setzte sich in die Asche. Er ließ in Ninive ausrufen:
Befehl des Königs und seiner Großen: Alle Menschen und Tiere, Rinder, Schafe und Ziegen, sollen nichts essen, nicht weiden und kein Wasser trinken. Sie sollen sich in Bußgewänder hüllen, Menschen und Tiere. Sie sollen mit aller Kraft zu Gott rufen und jeder soll umkehren von seinem bösen Weg und von der Gewalt, die an seinen Händen klebt. Wer weiß, vielleicht kehrt er um und es reut Gott und er lässt ab von seinem glühenden Zorn, sodass wir nicht zugrunde gehen.

Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er tat es nicht.

Jona 3

Die Kirche ist gerade in Quarantäne – wörtlich: im Zeitraum von vierzig Tagen, nämlich in der österlichen Bußzeit. Darüberhinaus wurde nun zwar nicht vom König von Ninive, aber von zahlreichen Regierenden eine Quarantäne verhängt, die nicht nur die Kirche schwer trifft – ein Versammlungsverbot, das sich auch auf Gottesdienste jeglicher Art erstreckt.

Wie lange diese Quarantäne dauern wird – ob es wortwörtlich vierzig oder mehr oder weniger Tage werden – weiß man noch nicht. Bei Einzelpersonen mit Verdacht auf Corona-Infektion dauert sie derzeit zwei Wochen (und betrifft mich, Dank sei Gott, einstweilen nicht).

Vielleicht können wir diese schwierige Zeit als einen Zeitraum begreifen, in dem wir durch Fasten und Gebet, Almosen und Hilfsbereitschaft umkehren. Vielleicht begreifen wir tiefer, wie unendlich wertvoll die Messe ist, wenn die physische Teilnahme uns eine Weile verwehrt wird.

Wenn jemandem häusliche Quarantäne befohlen wird (oder er sich freiwillig in solche begibt), ist das nervig, unbequem, unter Umständen finanziell bedrohlich, jedenfalls mit viel Pflichten und wenig Rechten verbunden. Das kann man nicht schönreden, und ich wünsche allen Betroffenen, so gut wie möglich durch diese Zeit zu kommen. Zugleich kann eine solche Zeit auch eine Chance zu Besinnung und Umkehr bieten, ähnlich wie damals in Ninive. (Sollte ich selbst in Quarantäne kommen und dann herumjammern, darf man mir gerne zitieren, was ich hier geschrieben habe.)

Ich glaube nicht, daß Gott uns eine Pandemie schickt, um uns zu strafen. Das widerspricht allem, was Jesus Christus zum Thema „Krankheit und Strafe“ gesagt hat. Aber ich glaube, daß wir neu lernen können, Ihn gerade in dieser Zeit in Wort und Werk zu preisen.

Beten wir, daß die Kirche diese „doppelte Fastenzeit“ als Chance begreift und gereinigt und gestärkt daraus hervorgeht.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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10 Antworten zu Ninives Quarantäne

  1. gerd schreibt:

    Ich finde es ein denkbar schlechtes Ereignis, die Gottesdienste gänzlich ausfallen zu lassen. Als Laie würde mich interessieren, wann es das in der Kirchengeschichte jemals gegeben hat. Dahinter steckt auch der Gedanke, dass Gott nicht mehr der Herr über Leben und Tod ist. Nach der Quarantäne ist vor der Quarantäne. Der König von Ninive hat das erkannt und entsprechend gehandelt. Wie unterschiedlich ist im Gegensatz dazu die panische Vorgehensweise von aktuellen Herrschern. Will irgendeiner von ihnen wirklich von seinen Sünden umkehren und das Bußgewand anziehen? Wollen Sie z.B. das Morden der ungeborenen Kinder stoppen? Der Mensch, kann mit all seinen Bemühungen seiner Lebensspanne keinen Jota hinzufügen. Wenn uns nicht das Virus hinwegrafft, wird es einen andere Krankheit sein, es soll sogar vorkommen, dass Menschen plötzlich gesund aus dem Leben gerissen werden.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      „Wollen Sie z.B. das Morden der ungeborenen Kinder stoppen?“ – Diese Frage empfinde ich angesichts meiner bekannten Einstellung zu dem Thema und angesichts meiner sehr beschränkten Möglichkeiten hochgradig unverschämt.
      … „es soll sogar vorkommen, dass Menschen plötzlich gesund aus dem Leben gerissen werden.“ Das war mir natürlich völlig neu; ich danke für diesen bestürzenden Hinweis, auf den ich im Leben nicht selbst gekommen wäre. /ironie off/

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      • gerd schreibt:

        Sack und Asche über mein Haupt. Ihre Einstellung zum Thema ist mir natürlich bekannt. Es gibt eine einfache (meine Doofheit) Erklärung: Ich habe im Satz leider das „Sie“ groß geschrieben, was ich hiermit korrigiere: „Wollen sie z.B. das Morden der ungeborenen Kinder stoppen?“ Dann bezieht es sich nämlich, wie ursprünglich gemeint, auf den vorhergehenden Satz: „Will irgendeiner von ihnen wirklich von seinen Sünden umkehren und das Bußgewand anziehen?“ Das widerum bezieht sich auf die Herrscher dieser Welt.
        Ein weiterer Vorsatz für die Fastenzeit: Groß und Kleinschreiben üben.
        Im übrigen ist nicht jeder meiner Kommentare an Sie persönlich gerichtet. Das kann man ja über eine Mail.

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        • Claudia Sperlich schreibt:

          Akzeptiert. Dennoch – natürlich sind wir sterblich, natürlich müssen wir umkehren. Aber wir haben kein Recht, unsere Nächsten (egal ob und was sie glauben) unnötig zu gefährden. Das tut aber jeder, der bei einer Seuche zur Bildung von Menschenmengen beiträgt.

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  2. gerd schreibt:

    Natürlich haben wir kein Recht, ob Seuche ode nicht, andere zu gefährden. In der gegenwärtigen Lage ist es allerdings so, dass Sie schon bei einem Schnupfen oder Husten, im Haus bleiben sollen. (Ausgangssperre) Haben Sie(!) das vor dem Corona Virus praktiziert? Ich nicht. Habe ich dann unnötig meinen Nächsten gefährdet? Natürlich nicht. Kein Arzt hätte mich wegen einem Schnupfen oder Husten krank geschrieben oder in Quarantäne gesteckt. Diese Massenhysterie und Panikmache, so bezeichne ich das, ist Ausdruck nackter Angst der gottlosen Gesellschaft vor dem Tod, der jeden von uns ereilen wird. Von dieser Angst kann uns nur Gott befreien, der uns vor dem zweiten Tod warnt, nicht vor dem ersten. Die Gotteshäuser zu schliessen und Messen zu streichen ist der falsche Weg.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Wir haben wohl eine unterschiedliche Auffassung, was vernünftige Sorge und was schon Panik ist.
      Ich nehme hier überhaupt keine Massenhysterie war – im Gegenteil sehr unvorsichtiges Verhalten: jetzt, wo die meisten Geschäfte geschlossen sind, sitzen sehr viele Menschen in Cafés, zu zweit oder dritt an einem Tischchen.
      Corona hat eben leider sehr ähnliche Symptome wie eine ganz normale Erkältung. Ich sehe da keine Hysterie, wenn man erstmal vorsichtig ist, sobald man Erkältungssymptome hat.
      Die Gotteshäuser sind übrigens keineswegs geschlossen. Im Gegenteil sind die Gläubigen ausdrücklich aufgerufen, zum stillen Gebet in die Kirchen zu kommen – aber mit Abstand voneinander.
      Es werden auch weiter Messen gefeiert – nur ohne Volk. Immer mehr Kirchen streamen Messen. Ja, das ist nicht dasselbe – das merke ich schmerzlich, wenn ich jetzt morgens auf EWTN eine Messe im Kölner Dom mitbete. Ein Priester, ein Lektor, ein Kantor – und nicht mehr Gläubige. Aber ich bin doch auch froh, daß ich die technischen Möglichkeiten habe, einer Messe von ferne zu folgen. Tatsächlich werden immerzu Messen gefeiert, mit ganz wenigen Teilnehmern, stellvertretend für alle Gläubigen. Das ist mir ein großer Trost.

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      • gerd schreibt:

        „Wir haben wohl eine unterschiedliche Auffassung, was vernünftige Sorge und was schon Panik ist.“

        Grenzen werden geschlossen. Mittelständische Kleinbetriebe in der Ruin geschleudert. Landesweite Ausgangssperren verhängt. Desinfektionsmittel mit 1000% Preisaufschläg an verzweifelten Bürger verkauft. Atemmasken in Spitälern gestohlen. Ganze Länder (Italien, Spanien) unter Quarantäne gestellt. Toillettenpapier (warum in aller Welt Toillettenpapier?) gehortet.
        Die Reihe lässt sich noch fortsetzen. Das, liebe Frau Sperlich, hat mit Vernunft nichts mehr zu tun. Das ist reine Panik, wenn man bedenkt, dass bei der saisonalen Grippewelle jedes Jahr in Deutschland 30 000 (weltweit über 600 000) Menschen sterben. Und ja, das kann man googlen.
        Ich frage mich, wo denn all die warnenden Stimmen waren, als ich mit meiner Frau im Dezember mit einer fiebrigen Erkältung das Bett hüten mussten. Der lapidar beruhigende Kommentar meines Hausartzes, nach einer Woche ohne Schlaf: „Es hätte Sie schlimmer treffen können.“ Und da hat der gute Mann vollkommen recht. Heute sind wir beide wieder kerngesund, wie die Jahre vorher auch.
        Ach ja der geht noch, heute habe ich, hoffentlich vorübergehend, meinen Nebenjob verloren, weil das kleine Taxiunternehmen wegen mangelnder Nachfrage für mindestens 4 Wochen, bei weiter laufenden Betriebskosten, dicht machen muss. Ob ich danach wieder Behinderte in die Werkstatt fahren kann, steht in den Sternen.

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        • Claudia Sperlich schreibt:

          Natürlich gibt es panische Reaktionen (viel zu viele, und gleichzeitig mit sträflicher Wurstigkeit). Quarantäne aber ist, auch wenn sie einen sehr hart treffen kann, keine panische Reaktion. Ebensowenig wie Schließung von Grenzen und Ausgangssperren.
          Einfach mal nach Italien schauen – hätte es da früher gut greifende Maßnahmen dieser Art gegeben, wären sehr viele Menschen noch am Leben.

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  3. Dagmar Schnettke schreibt:

    Guten Tag,
    Ich sehe es genauso – wie haben kein Recht, unseren Nachbarn anzustecken. Wir gehen alle zu sehr von uns aus, nach dem Motto: Ist doch meine Sache, wenn ich eine Ansteckung riskiere.
    Bin auch nicht der Meinung, dass man blindes Vertrauen in die physische Heilwirkung der Eucharistie haben muss. Grenzt das nicht ein bisschen an Magie? Es bleibt sehr wohl die Möglichkeit, dass unwissentlich der Priester etwas berührt hat und es mir mit der Hostie weitergibt.
    Letzter Punkt: Gott straft nur bedingt. Er sagt: So, ihr wollt es also ohne mich versuchen? Dann seht mal zu. Allerdings bin ich da etwas unsicher, denn viele Theologen von Format reden von Strafe.
    Entschuldigung für den langen Text…

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      So lang ist der doch gar nicht. 😉
      Ja, vor einem magischen Weltbild muss man sich hüten. Zudem: kürzlich erzählte mir ein Priester, der Bischof habe den Kelch den Konzelebranten weitergereicht. Ein anderer Priester nahm ihn auch sofort entgegen. Darauf hinterher von ihm angesprochen, sagte er: „Aber es ist doch das Blut Christi!“ Kommentar dieses Priesters: „Vom Blut Christi wird man nicht krank. Aber vielleicht von der Spucke des Bischofs.“

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