Wieso gibt es eigentlich Exkommunikation?

Kürzlich wurde ich gefragt:

Wo kann man in der Bibel eigentlich eine Berechtigung zur Exkommunikation finden?
Was bedeutet es, wenn Jesus diese Möglichkeit nie angesprochen hat?

Der Fragesteller ist nicht berechtigt, hier zu kommentieren, weil er mehrfach versucht hat, beleidigendes und unwahres Zeug zu spammen. (Ich lasse seine Kommentare auch nicht zu, wenn er sie fünfmal schickt.) Damit haben wir schon einen Erklärungsansatz, warum es Exkommunikation überhaupt geben kann: Wenn man sich von der Kirche trennt, dann trennt man die Kirche von sich.

Wenn jemand sagt „Ich liebe dich nicht mehr und will mit dir nichts mehr zu tun haben“, dann hat man ihn ernstzunehmen. Wenn jemand sagt „Ich liebe dich, aber ich will, daß du dich in den Dingen, die dich eigentlich ausmachen, komplett änderst“, dann kann man ihn nicht ernstnehmen – und auch dann ist die Beziehung damit beendet.

Wenn jemand seinen Kirchenaustritt erklärt, wird er automatisch exkommuniziert. Das ist eigentlich klar, oder? Jemand sagt „Ich will nicht mehr Mitglied der Kirche sein“, und die Kirche sagt „Schade, aber dann kann die Kirche dich auch nicht mehr wie ein Mitglied behandeln“.

Wer Dinge tut, die nach Kirchenrecht zur Exkommunikation führen, wird auch dann exkommuniziert, wenn er das nicht will. Auch das sollte mit bloßer Logik einsehbar sein. Wenn ich in einem Verein bin, der sich bestimmten Zielen verschrieben hat, und diese Ziele sabotiere, dann wird der Verein mich rauswerfen, und zwar zu Recht. Ich kann nicht Mitglied des Veganerbundes sein und zum Spanferkelessen einladen. Ich kann nicht Mitglied der Katholischen Kirche sein und die Priesterinnenweihe propagieren (oder nach einer Scheidung neu heiraten, oder mich an Abtreibung beteiligen, oder den Papst ermorden, oder Dinge öffentlich lehren, die der katholischen Lehre widersprechen – insgesamt gibt es nicht allzuviele Handlungen, die zur Exkommunikation führen, aber doch einige).

Biblische Begründungen für den Ausschluss aus der christlichen Gemeinschaft gibt es auch. Jesus selbst spricht von der Binde- und Lösegewalt:

Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.
Mt. 18,15-18

„Wie ein Heide oder ein Zöllner“ bedeutet, wenn man Jesu Umgang mit Heiden und Zöllnern anschaut: Er ist nicht in der Christengemeinde, also musst du für ihn beten, ihm freundlich entgegenkommen und ihm nach Möglichkeit das Evangelium verkünden, ihn zurückzugewinnen suchen.

In 1 Kor. 5 fordert Paulus den Ausschluss eines Menschen, der ein inzestuöses Verhältnis mit seiner Mutter pflegt:

Allgemein hört man von Unzucht unter euch, und zwar von Unzucht, wie sie nicht einmal unter den Heiden vorkommt, dass nämlich einer mit der Frau seines Vaters lebt. Und da macht ihr euch noch wichtig, statt traurig zu werden und den aus eurer Mitte zu stoßen, der so etwas getan hat. Was mich angeht, so habe ich – leiblich zwar abwesend, geistig aber anwesend – mein Urteil über den, der sich so vergangen hat, schon jetzt gefällt, als ob ich persönlich anwesend wäre: Im Namen Jesu, unseres Herrn, wollen wir uns versammeln, ihr und mein Geist, und zusammen mit der Kraft Jesu, unseres Herrn, diesen Menschen dem Satan übergeben zum Verderben seines Fleisches, damit sein Geist am Tag des Herrn gerettet wird. Zu Unrecht rühmt ihr euch. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid! Ihr seid ja schon ungesäuertes Brot; denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden. Lasst uns also das Fest nicht mit dem alten Sauerteig feiern, nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit! Ich habe euch in meinem Brief geschrieben, dass ihr nichts mit Unzüchtigen zu schaffen haben sollt. Gemeint waren damit nicht alle Unzüchtigen dieser Welt oder alle Habgierigen und Räuber und Götzendiener; sonst müsstet ihr ja aus der Welt auswandern. Nun aber habe ich euch geschrieben: Habt nichts zu schaffen mit einem, der sich Bruder nennt und dennoch Unzucht treibt, habgierig ist, Götzen verehrt, lästert, trinkt oder raubt; mit einem solchen Menschen sollt ihr auch keine Tischgemeinschaft haben. Was geht es mich denn an, die Außenstehenden zu richten? Habt ihr nicht die zu richten, die zu euch gehören? Die Außenstehenden wird Gott richten. Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte!

Paulus benutzt das starke Wort „ihn dem Satan übergeben“ – [edit] das heißt, dass er außerhalb der Gemeinde leben muss, ohne den Schutz, den Gott der Gemeinde gewährt, aber weiter in der Reichweite Gottes leben muss. [/edit] Aber überraschend fügt Paulus hinzu: „… damit sein Geist am Tag des Herrn gerettet wird“. Ein Mensch, der sich von der Gemeinde entfernt hat, muss ohne den Schutz der Gemeinde leben. Paulus hofft auf Umkehr durch die Beugestrafe der Exkommunikation. Zugleich erklärt er, daß der Ausschluß aus der Gemeinde kein Gerichtsurteil ist – das Richten kommt nur Gott zu. Paulus weiß aber, daß Schlechtigkeit und Unsittlichkeit ansteckend wirken, und mahnt deshalb zu Recht, „den Sauerteig wegzuschaffen“.

Ferner gibt es verschiedene Mahnungen an die Gemeinde, den Kontakt mit Gemeindemitgliedern zu meiden, wenn diese die Lehre der Kirche mißachten. Paulus schreibt:

Ich ermahne euch aber, Brüder und Schwestern, auf die Acht zu geben, die im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltung und Verwirrung verursachen: Haltet euch von ihnen fern! Denn diese Leute dienen nicht Christus, unserem Herrn, sondern ihrem Bauch und sie verführen durch ihre schönen und gewandten Reden das Herz der Arglosen.
Röm. 16,17-18

Wenn jemand auf unsere Mahnung in diesem Brief nicht hört, dann merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er sich schämt; doch seht ihn nicht als Feind an, sondern weist ihn als euren Bruder zurecht!
2 Thess. 3,14-15

Wenn du einen, der falsche Lehren vertritt, einmal und ein zweites Mal ermahnt hast, so meide ihn! Du weißt, ein solcher Mensch ist auf dem verkehrten Weg; er sündigt und spricht sich selbst das Urteil.
Tit 3,1-11

In 2 Joh. 1,7-11 schreibt Johannes an eine Christin und ihre Familie:

Denn viele Verführer sind in die Welt hinausgegangen, die nicht den im Fleisch gekommenen Jesus Christus bekennen. Das ist der Verführer und der Antichrist. Achtet auf euch, damit ihr nicht preisgebt, was wir erarbeitet haben, sondern damit ihr den vollen Lohn empfangt! Jeder, der darüber hinausgeht und nicht in der Lehre Christi bleibt, hat Gott nicht. Wer aber in der Lehre bleibt, hat den Vater und den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und nicht diese Lehre mitbringt, dann nehmt ihn nicht in euer Haus auf, sondern verweigert ihm den Gruß! Denn wer ihm den Gruß bietet, macht sich mitschuldig an seinen bösen Taten.

Bei diesen Mahnungen wird zwar keine Exkommunikation ausgesprochen, aber doch der Gemeinde (oder einzelnen) ans Herz gelegt, mit solchen Mitgliedern keinen Kontakt mehr zu pflegen, die sich von der Lehre entfernt haben und trotz Ermahnung hartnäckig bleiben. Das lässt darauf schließen, daß Paulus und Johannes kein Interesse daran hatten, gleich mit der Keule der Exkommunikation zu drohen. Hier wird eher versucht, die Verirrten durch die klare Ansage „So darfst du hier nicht sein“ zur Umkehr zu bewegen. Das ist etwa zwischen der zweiten und dritten Stufe des von Jesus empfohlenen Umgangs mit Abtrünnigen.

Das bedeutet nun meiner Ansicht nach nicht, daß wir gehalten sind, Häretiker zu „schneiden“. Sehr wohl aber heißt es, daß eine rituelle Mahlgemeinschaft – also Eucharistiegemeinschaft – mit Menschen, die sich nicht voll und ganz zur katholischen Lehre bekennen, ausgeschlossen ist. Voll und ganz, nicht bloß in dem, was mir gefällt! Ich kann ja auch nicht im Veganerbund die Mitgliedschaft beantragen mit dem Argument, ich esse nur sehr wenig Fleisch.

Im Gegensatz zu Vereinen bleibt die Kirche jedoch auch den Abtrünnigen verbunden. Sie betet für sie, sie bietet ihnen die ausgestreckte Hand, lehrt und liebt, und sie nimmt jeden wieder auf, der bereut, umkehrt und um Wiederaufnahme bittet.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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16 Antworten zu Wieso gibt es eigentlich Exkommunikation?

  1. gerd schreibt:

    Eine etwas provokante Frage in die Runde. Unsere Pastoralreferentin machte gestern, während der Fronleichnamsprozession(!) aktiv Werbung für Maria 2,0. Sie fordert indirekt die Gläubigen dazu auf, dem Gottesdienst fernzubleiben. (Warum sie selber daran teilnimmt, konnte sie mir auf die Schnelle nicht beantworten) Ich kenne die Beweggründe dieser Dame nur bedingt, fakt allerdings ist, dass sie die Weihe für Frauen zum Diakonat ausdrücklich befürwortet und „alles was danach noch kommen kann“! Für mich als Laien ist nun folgendes ersichtlich: Die Dame ist beruflich Mitglied in der katholischen Kirche. Sie bezieht ein nicht so kleines Gehalt. Sie kann die Sakramente empfangen und katholischen Religionsunterricht geben. (was sie auch tut) Sie verwaltet die Kommunion-und die Firmvorbereitung und predigt (nach dem Evangelium versteht sich) schon mal gerne in der Erstkommunionfeier, wo sie nicht den Leib des Herrn in die Hände der Kinder legt, sondern das „Brot Jesu“. Nun komme ich zu meiner Frage: Wieviel Häresien braucht es, bis die Kirche einen „Übeltäter aus ihrer Mitte schafft?“ Meine Meinung: Solange jemand in der Kirche geduldet wird, der fundamentale Glaubenswahrheiten leugnet, verfälscht oder nicht kennt, ist das „Werkzeug“ Exkommunikation ein zahnloser Tiger. Das bedeutet nicht, dass ich die Exkommunikation nicht als sinnvoll erachte, ganz im Gegenteil Erlebt habe ich sie in meinen 58 Jahren als Mitglied in der katholischen Kirche allerdings noch nie. Mein Eindruck: Hier in den deutschen Landen kann jeder Katholik sein, egal welchen Schmarrn er auf und neben der Kanzel verkündet. Wenn er allerdings die Kirche verlässt um Steuern zu sparen, dann wird er exkommuniziert. Das ist so, als würde der Veganerbund ein Mitglied beim Spanferkelessen erwischen, ihn aber weiterhin als vollwertiges Mitglied akzeptiert, weil er bereit ist, seine Gebühren zu entrichten.

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    • Das ist das Dilemma des kirchlichen Strafrechts im CIC von 1983, auf das Papst Benedikt XVI. kürzlich hinwies: Der Täterschutz ist gegenüber den früheren Regelungen dermaßen verschärft worden, dass eine rechtskräftige Verurteilung kaum noch und wenn dann nur mit jahrelangen Verzögerungen möglich ist. Am leichtesten ist es noch, die Missio für den Religionsunterricht zu entziehen, und wenn man sich mal die Handvoll Fälle anguckt, bei denen das passiert ist, und wie sich die Betroffenen dagegen (kirchen-)rechtlich und publizistisch gewehrt haben, weiß man auch, warum das eher selten passiert… Der aus der Kirche Austretende wehrt sich gegen die Exkommunikation eher selten (die paar „militanten“ Tradis, die das versucht haben, fallen einfach nicht ins Gewicht).

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Noch nie erlebt? Dann hast Du den Fall Drewermann nicht mitbekommen. 😉 Ansonsten – Exkommunikation muss sparsam verwendet werden (was aus den Bibelzitaten hervorgeht). Im og. Fall hat die Frau sich eigentlich längst selbst exkommuniziert, ohne es zu merken. Sollte ihr vielleicht mal jemand mitteilen – wie genau das zu geschehen hat, läßt sich ebenfalls aus den angegebenen Zitaten erschließen.

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      • Nitpick 1: Drewermann wurde nicht exkommuniziert, sondern suspendiert. Er durfte die Sakramente noch empfangen, aber nicht mehr spenden. Die Suspension ist ebenfalls eine Beugestrafe, aber eine, die nur Kleriker treffen kann und ihnen die Amtsausübung verbietet. Zuvor war ihm bereits die Lehrerlaubnis entzogen und ein Predigtverbot auferlegt worden. Exkommuniziert hat er sich erst durch seinen – tada: Kirchenaustritt.

        Nitpick 2: Auch wenn die Exkommunikation als Tatstrafe eintritt, entfaltet sie äußerlich keine Wirkung, solange sie nicht kirchenamtlich festgestellt wurde.

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        • Claudia Sperlich schreibt:

          Gut, aber damit ist er ja dennoch exkommuniziert, auch wenn er das selbst bewerkstelligt hat, und es ist wahrlich zur Genüge bekannt.

          Ich verstehe nicht, was Du mit „entfaltet äußerlich keine Wirkung“ meinst. Klar, ein Exkommunizierter kann fröhlich weiter die Kommunion empfangen bei Priestern, die um diesen Tatbestand nicht wissen (ist ja nicht jeder so bekannt wie Drewermann). Aber das heißt ja nicht, daß es „keine Wirkung“ der Exkommunikation gibt. Er tut dann halt was Verbotenes, wovon er keinen Nutzen hat. Das ist ja eine Wirkung.

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        • gerd schreibt:

          Als „äußerliche“ Wirkung würde ich den hl. Paulus sozusagen als Kronzeuge bemühen.
          „Die Außenstehenden wird Gott richten. Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte!“
          Dieses Wegschaffen des Häretikers aus der Mitte der Gläubigen ist so, als würde man den Wolf aus der Schafsherde werfen. Es geht ja nicht nur um einen Hinauswurf sondern um das Seelenheil der Gläubigen die durch den Übeltäter in der realen Gefahr sind, das ewige Leben bei Gott zu verlieren und beim Satan zu landen, der ja bekanntlich der Vater der Lüge ist, sozusagen der Vater der Häretiker. Das Beispiel, wo ein Priester den Gläubigen verbieten will, vor den Allerheiligsten zu knien, kann hier exemplarisch genannt werden. Dieser Mann hat durch seine rechtzeitige Nichtentfernung aus der Gemeinschaft der Gläubigen freie Hand seine Spielchen zu treiben. Nicht jeder ist so gereift dieses Verbot zu ignorieren. Die Masse der Gläubigen wird nun keine Kniebeuge mehr machen und u.a. auch aus der Gottesfurcht getrieben.

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        • Hm, es gibt eine ganz wesentliche Unterscheidung, nämlich die zwischen Forum internum und Forum externum, also zwischen dem inneren Seelenzustand und dem, was äußerliche Wirkung entfaltet; bzw. zwischen dem, was nur dem Individuum und dem was öffentlich bekannt ist. Das Kirchenrecht bezieht sich in der Regel nur auf das Forum externum, also auf die öffentliche, äußere Wirkung. Auch wenn die Exkommunikation als Tatstrafe eintritt, entfaltet sie daher als Exkommunikation keine Wirkung, solange sie nicht kirchenamtlich festgestellt ist. M.a.W.: Niemand soll sich selbst zum Richter erheben und sagen, der und der ist exkommuniziert. Das kann nur der Bischof bzw. sein Offizialat. Damit unterscheidet sich die als Tatstrafe eingetretene Exkommunikation nicht vom (rein moralischen) Ausschluss von der Kommunion durch eine schwere Sünde.

          Das heißt, dass auch ein Priester, der um den Tatbestand weiß, dem Täter den Kommunionempfang nicht verweigern darf, solange die Exkommunikation nicht ausdrücklich festgestellt wurde. Er kann ihm natürlich ins Gewissen reden, aber er muss ihm die Sakramente spenden, wenn der Täter darum bittet (gut, die Absolution könnte der Priester verweigern, wenn die Tat nicht bereut wird, aber das hat wieder nichts mit der Exkommunikation zu tun).

          Und bei Drewermann: Zwischen dem „Fall“ (ca. 1993-95) und seinem Kirchenaustritt (2005) liegen immerhin 10 Jahre. Ich bin mir nicht so sicher, dass allzu viele seinen Kirchenaustritt überhaupt mitbekommen haben.

          Der wesentliche Unterschied zwischen der Exkommunikation als Urteil und der Exkommunikation als Tatstrafe ist, dass es bei der Tatstrafe keine vorherige Ermahnung und Frist zur „Bekehrung“ gibt, bevor sie (mit ihrer Feststellung) äußere Wirkung entfaltet.In allen anderen Fällen ist nämlich vorgeschrieben, dass die Widersetzlichkeit auf dem Wege der brüderlichen Ermahnung zu überwinden sei und Kirchenstrafen nur verhängt werden dürfen, wenn alle diese milderen Mittel endgültig zu keiner Gehorsamsrückkehr führen. Und das ist so weit formuliert, dass es fast nicht möglich ist, jemanden mit einer Beugestrafe zu belegen, außer wenn der Täter das ausdrücklich anstrebt.

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  2. Vielleicht ein kleine Präzisierung, weil die Kirche eben kein Karnickelzüchterverein ist und Du es an einigen Stellen etwas unscharf formulierst:

    Der Exkommunizierte ist nach wie vor Mitglied der Kirche, die Taufe kann nicht rückgängig gemacht werden, und auch die Beziehung zwischen Kirche und Ausgetretenem endet nicht mit der Exkommunikation. Der Exkommunizierte hat sämtliche Pflichten eines Katholiken, aber weniger Rechte; insbesondere der Sakramentenempfang ist ihm verwehrt. D.h. er unterliegt nach wie vor der Sonntagspflicht, darf aber nicht zur Kommunion gehen. Entsprechend wird er auch (im kirchlichen Sinne) nicht wieder aufgenommen, sondern mit Gott und der Kirche versöhnt.

    In diesem Sinne ist die Exkommunikation in meiner Wahrnehmung deutlich weniger scharf als das, was die Apostel in den von Dir angeführten Texten fordern.

    Austreten und Wiederaufnahmen gibt es im staatlichen Sinne. Natürlich gehört die konkrete innerweltliche Verfasstheit der Kirche zu ihrem Wesen, und damit ist ein Austritt auch eine kirchliche Straftat gegen die Einheit. Aber ganz unumstritten ist das nicht.

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  3. Simon Löschke schreibt:

    Liebe Claudia, ich stimme dir grundsätzlich zu, bitte dich aber zu bedenken, dass nach einhelliger Meinung des päpstlichen Rates der Gesetzestexte ein Kirchenaustritt nicht zur Exkommunikation führt, dafür ist ein formaler Abfall vom Glauben nötig, der öffentlich vollzogen werden muss. Die Praxis, die Deutschland und Österreich fahren ist grauenhaft. Tatsächlich zieht ma sich „nur“ noch die Strafe des Interdiktes zu. Das halte ich auch für rechtswidrig.

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  4. Die Argumentation der Kirche lautet, dass der formale Akt vor einem amtlichen Vertreter der Kirche erfolgen müsse. Das ist beim Kirchenaustritt in Deutschland nicht der Fall.

    In der Schweiz hat Bischof Huonder den Katholiken sogar den Kirchenaustritt nahegelegt, Der Unterschied liegt allerdings darin, dass Du in der Schweiz nicht das Bistum, sondern nur die Pfarrei die Körperschaft des öffentlichen Rechts (oder was auch immer die in der Schweiz haben) ist. D.h. die staatskirchenrechtliche Körperschaft ist deutlich weiter von der katholischen Ekklesiologie entfernt als bei uns. So geht in CH die Kirchensteuer auch an die Pfarrei, nicht an die Diözese, und der Bischof muss hoffen, dass ihn seine Laien auch unterstützen.

    So einfach rechtswidrig ist die deutsche Regelung allerdings auch nicht. Zum einen ist sie mit Rom abgestimmt (gut, muss nicht viel heißen), zum anderen haben die Bischöfe durchaus das Recht, neue Straftatbestände zu schaffen.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Ganz so kann das nicht stimmen, da bei der Versöhnung, die ich bezeugen durfte, der Priester deutlich sagte, daß er durch den Bischof bevollmächtigt die Exkommunikation aufhebe, die durch den Austritt erfolgt sei.

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  5. Was genau kann da nicht stimmen? Die Exkommunikation tritt ja in Deutschland ein aufgrund eines Partikulargesetzes, das genau diesen Fall erfasst. Deswegen mein gegen Simon gerichteter Einwand, dass die deutsche Regelung nicht einfach rechtswidrig ist, da die Bischöfe eigene Straftatbestände schaffen können. Die alte Regelung, bei der sich die Bischöfe direkt auf den CIC beriefen, ist jedoch tatsächlich vor gefühlt 5-6 Jahren von Rom kassiert worden. Die neue Regelung hingegen ist mit Rom abgestimmt (noch ein Grund, warum sie nicht einfach rechtswidrig sein kann).

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  6. Wolfram schreibt:

    Soweit ich weiß, ist die „Exkommunikation“ keine Strafe, sondern die amtliche Feststellung, dass jemand die Gemeinschaft aufgegeben hat. Daraus werden eben die Konsequenzen gezogen.

    Und noch ein wenig Pingeln: wenn Paulus an die Korinther gemeint hätte, es handle sich um ein inzestuöses Verhältnis mit der leiblichen Mutter des Mannes, hätte er das sicher gesagt (dazu hätte er sich allerdings auch nicht zu äußern brauchen; dieser Tatbestand war auch den Korinthern eindeutig).
    Er schreibt aber „die Frau seines Vaters“. Das ist biologisch nicht inzestuös und in einigen Kulturen auch kein Problem – im Judentum und daraus folgend im Christentum aber sehr wohl. Lev. 18,8 (und wohlgemerkt: dort steht „der Frau deines Vaters“, während der vorangehende Vers von der Mutter spricht.) Scriptura sui ipsius interpres.

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